26.03.2025
Der Stellenwert von Faktoren wie Arbeitsverdichtung, Zeit- und Personalmangel für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz nimmt zu. (KI-Bild: vectorwin - stock.adobe.com)
Bei der Arbeit haben nach Ansicht vieler Beschäftigter Zeitdruck und Gereiztheit in der Belegschaft in den vergangenen zwei Jahren zugenommen. Das ist eines der Ergebnisse des DGUV Barometers Arbeitswelt, einer Umfrage unter über 2.000 Erwerbstätigen, die die forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH im Auftrag des Spitzenverbandes der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) durchgeführt hat. Zwar hat es auch im vergangenen Jahr weniger Arbeitsunfälle gegeben als im Vorjahr. Die Umfrageergebnisse belegen aber branchenübergreifend, dass der Stellenwert von Faktoren wie Arbeitsverdichtung, Zeit- und Personalmangel für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz weiter zunimmt. DGUV-Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Hussy ruft vor diesem Hintergrund Unternehmen dazu auf, der Prävention psychischer Belastung mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Laut vorläufigen Zahlen der gesetzlichen Unfallversicherung ist die Zahl der Arbeitsunfälle im vergangenen Jahr weiter zurückgegangen. Berufsgenossenschaften und Unfallkassen registrierten 752.125 meldepflichtige Arbeitsunfälle - 4,4 Prozent weniger als im Vorjahr.
Die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle sank um 30 auf 351. Die Zahl der Wegeunfälle verringerte sich auf 173.488 - ein Rückgang von 5,9 Prozent. 13.358 Versicherte erhielten 2024 erstmals eine Rente aufgrund eines Arbeits- oder Wegeunfalls, 4,3 Prozent weniger als im Vorjahr.
"Die rückläufigen Unfallzahlen sind eine gute Nachricht, aber nur ein Teil der Geschichte", sagt DGUV-Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Hussy. Psychische Belastung spiele bereits heute eine wichtige Rolle für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz. "Ihre Bedeutung wird aufgrund des demografischen Wandels und seiner Folgen noch weiter zunehmen."
Laut DGUV Barometer sieht in fast allen Wirtschaftszweigen die Mehrheit der Befragten im Personal- und Fachkräftemangel die größte wirtschaftliche Herausforderung (59 Prozent im Durchschnitt). Eine Ausnahme ist das verarbeitende Gewerbe mit 34 Prozent. Hier bewerten die Befragten vor allem steigende Betriebskosten (59 Prozent) und Nachfrageeinbrüche (49 Prozent) als wichtigste Herausforderungen. Weitere Probleme werden je nach Branche unterschiedlich häufig genannt:
Über alle Branchen hinweg bewertet ein Drittel (32 Prozent) die wirtschaftliche Situation ihres Unternehmens derzeit als weniger gut oder schlecht.
Die vielfachen Herausforderungen bleiben nicht ohne Wirkung. In den vergangenen beiden Jahren haben vier von fünf Befragten negative Veränderungen in ihrem Arbeitsalltag festgestellt:
Nur 21 Prozent bemerken keine dieser Veränderungen.
"Die Folgen des demografischen Wandels belasten zunehmend Unternehmen und Beschäftigte", so Hussy. "Dieser Herausforderung können Arbeitgebende unter anderem begegnen, indem sie sich um die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden kümmern. Unser Barometer zeigt: Vieles läuft gut, aber es gibt auch noch Luft nach oben."
Positiv ist:
Die große Mehrheit der Erwerbstätigen (78 Prozent) meint, dass Beschäftigte in ihrem Unternehmen bzw. ihrer Institution sehr gut oder gut dabei unterstützt werden, sicher und gesund arbeiten zu können.
Verbesserungsbedarf zeigen folgende Aussagen an:
Welche Arbeitsbedingungen erhöhen nach Einschätzung von Erwerbstätigen das Risiko von Unfällen an ihrem Arbeitsplatz? Hierzu haben die Befragten klare Ansichten:
50 Prozent sehen in erster Linie eine hohe Arbeitsbelastung und Zeitdruck als Risikofaktor. 32 Prozent nennen in diesem Zusammenhang Überstunden aufgrund von Personalmangel, 27 Prozent unzureichende Information und Kommunikation, 25 Prozent fehlende Erholungszeit und Pausen und 24 Prozent ein schlechtes Betriebsklima. Andere Faktoren wie Lärm, fehlende Beleuchtung oder Mängel an Maschinen werden von weniger als 20 Prozent der Beschäftigten angeführt.
Welche Risiken werden mit Blick auf Sicherheit und Gesundheit im Unternehmen in Zukunft zunehmen? Auch hier nennt die überwiegende Mehrheit der Befragten das Topthema psychische Belastung (62 Prozent), gefolgt von Risiken durch veränderte Altersstrukturen (53 Prozent). Knapp ein Drittel (30 Prozent) sieht auch steigende Sicherheits- und Gesundheitsrisiken durch Informationsverluste.
Dass Risiken durch klimatische Veränderungen (Hitze, UV-Strahlen, Unwetterereignisse) im eigenen Unternehmen zunehmen werden, glauben zwar deutlich weniger Befragte (18 Prozent). In den Branchen Bau und Verkehr gehen davon jedoch überdurchschnittlich viele Erwerbstätige (34 und 35 Prozent) aus.
Das Arbeiten im Homeoffice hat sich als fester Bestandteil der Arbeitswelt in Deutschland etabliert. 45 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten der Befragung zufolge zumindest teilweise von zu Hause aus - allerdings zeigen sich Branchenunterschiede. Besonders in der Finanz- und Versicherungsbranche sowie in freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen ist der Anteil der teilweise im Homeoffice-Arbeitenden hoch (77 bzw. 76 Prozent). In Branchen wie dem Baugewerbe (69 Prozent kein Homeoffice) oder dem Gesundheits- und Sozialwesen (79 Prozent kein Homeoffice) ist der Anteil dagegen gering.
Die Mehrheit der Beschäftigten (60 Prozent) erhält Hinweise zum sicheren und gesunden Arbeiten im Homeoffice. 50 Prozent der Homeoffice-Beschäftigten werden von ihren Arbeitgebenden über Ergonomie am Arbeitsplatz informiert, 35 Prozent über eine adäquate Beleuchtung. 40 Prozent geben dagegen an, dass sie zu keinem der relevanten Aspekte der Arbeitssicherheit sensibilisiert werden.
"Die Daten zeigen: Arbeitgebende tun gut daran, auch die psychische Belastung bei der Arbeit ernst zu nehmen und insbesondere in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen", so Hussy. Die gesetzliche Unfallversicherung unterstütze sie dabei mit ihren branchenspezifischen Beratungs- und Qualifizierungsangeboten. Mit Blick auf die zunehmende Flexibilisierung in der modernen Arbeitswelt gewännen zudem sichere und gesunde Arbeitsbedingungen auch außerhalb des Betriebs an Bedeutung. "Letztlich profitieren alle von Prävention: Beschäftigte, Unternehmen sowie Wirtschaft und Gesellschaft."
Im Auftrag der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV) führte die forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH eine repräsentative Online-Befragung unter Erwerbstätigen in Deutschland durch. Vom 28. Februar bis 7. März 2025 wurden insgesamt 2.018 Erwerbstätige, darunter 578 Führungskräfte und Unternehmer, in Unternehmen mit mindestens zwei Mitarbeitern befragt.
Die Ergebnisse der Erhebung sind repräsentativ und können mit einer statistischen Fehlertoleranz von +/- 2,5 Prozentpunkten auf die Grundgesamtheit übertragen werden. Sie stehen als "DGUV Barometer Arbeitswelt 2025" in der Publikationsdatenbank der DGUV zum Download zur Verfügung.
DGUV - Pressestelle
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