Arbeitsschutz: Befragung von Betrieben und Beschäftigten zeigt deutlichen Fortschritt, aber auch Nachholbedarf

Befragungsdaten liefern Impulse für Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie von Bund, Ländern und gesetzlicher Unfallversicherung

24.06.2025

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Arbeitsschutzmaßnahmen wie Gefährdungsbeurteilungen werden häufiger durchgeführt als 2015. (Foto: Wolfgang Bellwinkel)

Der systematische Schutz von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit hat in den vergangenen zehn Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Das ist das zentrale Ergebnis der aktuellen Betriebs- und Beschäftigtenbefragung im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) von Bund, Ländern und gesetzlicher Unfallversicherung. Im Vergleich zur 2015 durchgeführten Befragung antworteten die Befragten deutlich häufiger, dass Arbeitsschutzmaßnahmen wie Gefährdungsbeurteilungen durchgeführt und gesetzliche Pflichten allgemein besser erfüllt werden. (JPG, 1,4 MB) Die Regelwerke des betrieblichen Arbeitsschutzes nehmen die Befragten mehrheitlich als praxisnah und verständlich wahr. Die Befragung zeigt aber auch: Bei einigen Unternehmen besteht noch Nachholbedarf.

Ziel der GDA-Betriebs- und Beschäftigtenbefragung ist, ein aktuelles Bild der Umsetzung von gesetzlichen Vorgaben im Arbeitsschutz zu gewinnen. Eine zentrale Rolle hierfür spielt die Beurteilung der Arbeitsbedingungen - kurz: Gefährdungsbeurteilung. Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet die Arbeitgebenden, Risiken für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Beschäftigten am Arbeitsplatz zu beurteilen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen und deren Wirksamkeit zu prüfen.

Anteil der Betriebe mit Gefährdungsbeurteilung deutlich gestiegen

Zwischen 2015 und 2023/24 stieg der Anteil der Betriebe, die laut eigenen Angaben Gefährdungsbeurteilungen durchführen, um 16 Prozentpunkte - bei Kleinstbetrieben sogar um fast 20 Prozentpunkte. Besonders bemerkenswert: Auch psychische Belastung wird inzwischen deutlich häufiger berücksichtigt. So gaben rund zwei Drittel der Betriebe mit Gefährdungsbeurteilung an, auch psychische Belastung wie Stress, Zeit- und Leistungsdruck zu berücksichtigen. Deutlich häufiger als vor zehn Jahren geben die Betriebe an, dass auch Mitarbeitende bei der Gefährdungsbeurteilung einbezogen werden (79 Prozent gegenüber 68 Prozent).

Fortschritt in vielen Bereichen - aber in einigen Bereichen noch Handlungsbedarf

Auch andere Kennzahlen zeigen eine positive Entwicklung: Laut der Betriebe werden mehr Führungskräfte geschult, mehr Betriebe setzen Maßnahmen zur Gesundheitsförderung um, die Zusammenarbeit mit Betriebsräten läuft in den meisten Fällen sehr konstruktiv.

Gleichzeitig werden bestimmte Arbeitsschutzvorgaben noch nicht in allen Betrieben im gesetzlich geforderten Umfang umgesetzt. So nimmt rund ein Drittel der Betriebe nach wie vor keine Gefährdungsbeurteilung vor. Als Gründe hierfür werden angegeben, dass Gefährdungen mündlich besprochen würden, keine relevanten Gefährdungen vorlägen oder die Beschäftigten Risiken eigenständig erkennen würden.

Beim Ausbau betriebsärztlicher Betreuung oder der strukturierten Kommunikation zu Arbeitsschutzthemen gibt es ebenfalls betrieblichen Nachholbedarf.

Nachholbedarf ergibt sich auch aus der Befragung der Beschäftigten. So geben zwar 85 Prozent der Befragten an, dass Sicherheitsmängel nach Meldung umgehend beseitigt werden. 59 Prozent sagen, ihr Betrieb tue genug, um langfristige gesundheitliche Belastungen zu minimieren. Aber 26 Prozent sagen, dass es keine Folgen habe, wenn arbeitsschutzrechtliche Vorgaben nicht eingehalten würden.

Im Ergebnis kann trotz fortbestehender Defizite auf Basis der Befragungsergebnisse aber ein positiver Entwicklungstrend im betrieblichen Arbeitsschutz konstatiert werden.

Arbeitsschutzvorschriften werden verstanden und umgesetzt

Ist das Regelwerk im Arbeitsschutz verständlich und umsetzbar? Hier gab es eine klare Verbesserung: Drei Viertel der befragten Unternehmen empfinden die Vorschriften als gut anwendbar, genauso viele als verständlich. Allerdings: Fast ein Drittel der Unternehmen schätzt die Kenntnisse zu den Arbeitsschutzregelungen immer noch als eher gering oder sehr gering ein.

Kernaussagen der Befragung in Kürze

  • Mehr Betriebe setzen auf systematische Gefährdungsbeurteilung: Anstieg von 52 Prozent (2015) auf 68 Prozent (2023/24), bei Kleinstbetrieben (bis 9 Mitarbeitende) sogar von 42 Prozent auf 61 Prozent.
  • Gefährdungen durch psychische Belastung werden in der Gefährdungsbeurteilung in ähnlichem Umfang wie andere Gefährdungen berücksichtigt (65 Prozent der Betriebe mit Gefährdungsbeurteilung).
  • Laut Befragung 2023/24 wurden Mitarbeitende häufiger in die durchgeführten Gefährdungsbeurteilungen einbezogen als in der Erhebung 2015 angegeben (79 Prozent gegenüber 68 Prozent).
  • Regelwerk verständlich und anwendbar: 77 Prozent der Unternehmen finden die Vorschriften verständlich, 75 Prozent halten sie für gut umsetzbar. Auch auf Seiten der Beschäftigten wird das Regelwerk als gut verständlich und anwendbar wahrgenommen.
  • Mehr Schulungen für Führungskräfte: Anstieg von 39 Prozent auf 64 Prozent.
  • Ein hoher Anteil der befragten Beschäftigten gibt an, dass sie Beschwerden und Wünsche zum Arbeitsschutz im Betrieb einbringen können, betriebliche Regelungen zum Arbeitsschutz klar sind, es selbstverständlich ist, dass Sicherheitsmängel gemeldet und diese sofort beseitigt werden.
  • Ein hoher Anteil sieht auch das eigene Verhalten positiv - zum Beispiel die Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften.
  • Nur die Hälfte gibt allerdings an, dass Arbeitsschutzfragen mindestens einmal jährlich in Besprechungen thematisiert werden. Ein Viertel der Befragten beobachtet zudem, dass es keine Konsequenzen hat, wenn im Betrieb Vorschriften nicht eingehalten werden.

Statements der Träger der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie

Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Staatssekretärin Lilian Tschan: "Gute und sichere Arbeitsbedingungen sind für die Betriebe ein entscheidender Faktor, um Fachkräfte gewinnen und halten zu können. Wir müssen den Arbeitsschutz unter Wahrung unseres hohen Schutzniveaus zukunftssicher gestalten und hierbei aktuelle Entwicklungen wie Digitalisierung und Künstliche Intelligenz nutzen. Das erfordert eine noch engere Zusammenarbeit zwischen allen Trägern, gerade beim Datenaustausch und mit Blick auf einen wirkungsorientierten Arbeitsschutz."

Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik

"Eine gute Gefährdungsbeurteilung ist wie ein Kompass: Sie hilft, Schwachstellen in der Arbeitsschutzorganisation aufzudecken und zielgerichtet die erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen abzuleiten - ohne in Mikromanagement zu verfallen", so Sabine Majehrke, Vorsitzende des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik. "Wer sie richtig nutzt, investiert in betriebliche Sicherheit, Gesundheit der Beschäftigten und damit in Produktivität. Arbeitsschutz ist heute zu einem Wettbewerbsfaktor geworden und steht durchaus für die Attraktivität eines Unternehmens."

Gesetzliche Unfallversicherung

"Unser Ziel ist ein moderner, handhabbarer Arbeitsschutz, der die Beschäftigten gesund und sicher arbeiten lässt und als Beitrag zur Fachkräftesicherung die Unternehmen stärkt – nicht hemmt", sagt der Hauptgeschäftsführer des Spitzenverbandes der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), Dr. Stefan Hussy. "Dass drei Viertel der Unternehmen das Regelwerk für gut verständlich und einsetzbar halten, freut uns daher. Gleichzeitig nehmen wir die Befragungsergebnisse als Ansporn, noch besser zu werden. Dies gilt insbesondere für klein- und mittelständische Betriebe, wo es aus unserer Sicht noch Unterstützungs- und Verbesserungsbedarf gibt."

Hintergrund

Die vorliegenden Ergebnisse stammen aus der repräsentativen Betriebs- und Beschäftigtenbefragung im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA). Zwischen September 2023 und Juni 2024 wurden 3.817 Betriebe sowie 3.824 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte deutschlandweit telefonisch befragt. Die Befragung wurde durch das infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft im Auftrag der GDA durchgeführt.

Im Interesse eines wirksamen Arbeitsschutzes entwickelten Bund, Länder und gesetzliche Unfallversicherung die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) - rechtlich verankert im Arbeitsschutzgesetz und gewährleisten ihre Umsetzung und Fortschreibung. Mit der Wahrnehmung der ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie zur menschengerechten Gestaltung der Arbeit tragen Bund, Länder und Unfallversicherungsträger mittels gemeinsamen Vorgehens dazu bei, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten in Deutschland zu verbessern.

Der Freistaat Sachsen hat turnusgemäß zum 1. Januar 2025 den Vorsitz des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) übernommen. Die Vorsitzende ist Sabine Majehrke, Leiterin des Referates Sicherheit und Gesundheit in der Arbeitswelt beim Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Klimaschutz (SMWA).

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Arbeit, Energie und Klimaschutz
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