Messtechnische Analyse physischer Belastungen von Rettungskräften beim Patiententransport in Treppenhäusern

Projekt-Nr. IFA 4224

Status:

abgeschlossen 11/2018

Zielsetzung:

Rettungspersonal im Einsatz muss häufig Patientinnen und Patienten durch Treppenhäuser transportieren, wobei hohe Lasten zu handhaben und ungünstige Körperhaltungen aufgrund beengter Transportwege einzunehmen sind. Zudem müssen immer häufiger schwergewichtige Personen transportiert werden.

In Abhängigkeit von der verfügbaren Personenzahl der Rettungskräfte und den eingesetzten Transportmitteln können hierbei hohe Belastungen für das Muskel-Skelett-System auftreten, insbesondere für den Rücken. Es gibt mittlerweile alternative Hilfsmittel zur Entlastung der Rettungskräfte, die neben den konventionellen Transporthilfen genutzt werden können, aber aus unterschiedlichen Gründen noch nicht weit verbreitet sind.

In einer Pilotstudie wurde bereits ein Mess-Setup zur Erfassung der physischen Belastung beim Personentransport durch Treppenhäuser zusammengestellt und erprobt, wobei erste Hinweise auf einen belastungsreduzierenden Effekt durch alternative Hilfsmittel festgestellt sowie Optimierungspotenzial für ein Hilfsmittel identifiziert werden konnte.

In der Hauptstudie sollten nun mit diesem Mess-Setup weitere Labormessungen stattfinden, um entsprechend einer Powerabschätzung auf der Basis der Pilotstudie die Zahl der Versuchspersonen auf ein statistisch aussagekräftiges Niveau zu erhöhen. Mit der Vergrößerung der Probandenanzahl können die Ergebnisse und Trends der Pilotstudie validiert werden. Dies dient der Erarbeitung einer wissenschaftlichen Grundlage für die Ableitung von Präventionsempfehlungen für die Praxis.

Aktivitäten/Methoden:

Zunächst erfolgte eine Aktualisierung des bereits bekannten Standes der internationalen Literatur zum Thema „Transport von Patienten in Treppenhäusern“. Auf der Basis des Messaufbaus der Pilotstudie erfolgten die Laboruntersuchungen an zwei konventionellen Hilfsmitteln (Tragestuhl und Tragetuch) sowie an zwei alternativen Hilfsmitteln (Treppentragestuhl mit Raupenantrieb und Treppengleittuch). Zwei Versuchspersonen transportierten dazu jeweils eine Dummy-Puppe durch ein Treppenhaus unter sukzessiver Verwendung der vier verschiedenen Hilfsmittel. Insgesamt haben an Pilot- und Hauptstudie 30 Rettungsdienstbeschäftigte als Probanden an den Untersuchungen teilgenommen.

Zur Erfassung der Körperhaltung/-bewegung und der Aktionskräfte von den Zweierteams wurden mehrere parallel arbeitende Messsysteme (3 x CUELA Inertial und 2 x Kraftmessgriffe) eingesetzt. Die subjektiv empfundene Anstrengung wurde mithilfe eines Fragebogens (modifizierte Borg-Skala) erfasst. Als Ausgabeparameter wurden Handaktionskräfte, Gelenkwinkel, Gelenkmomente und Bandscheibendruckkräfte im Bereich der Lendenwirbelsäule sowie das subjektive Belastungsempfinden ermittelt und statistisch untersucht.

Ergebnisse:

Die Studie zeigt, dass die physische Belastung der Rettungskräfte beim Patiententransport durch die Verwendung der alternativen Hilfsmittel reduziert werden kann. So ist der mittlere Median der Handaktionskraft beim konventionellen Tragetuch und Tragestuhl oberhalb von 400 N deutlich höher als beim Treppengleittuch (165 N) bzw. Raupenstuhl (81 N). Auch das subjektive Belastungsempfinden liegt bei den konventionellen Hilfsmitteln im Bereich „mittlere bis starke“ Anstrengung, während es für die Alternativen bei „keine bis mittlere“ Anstrengung liegt.

Neben der Auswahl des Hilfsmitteltypen konnten aus den Erkenntnissen auch organisatorische Empfehlungen sowie Empfehlungen für die Handhabung im Sinne der Prävention abgeleitet werden.

Zum Abschluss der Studie fand im IFA ein Erfahrungsaustausch auf einer Fachtagung für diverse Akteure des Rettungsdienstes (UVTen, Rettungsdienste, Feuerwehren, Berufsverbände, Gewerkschaft, Forschung) statt, so dass ein Transfer in die Praxis zu den Entscheidungsträgern, Beschaffern, Anwendern aber auch zu Entwicklern und Herstellern der Hilfsmittel gegeben war.

Die Studie wurde als IFA Report aufbereitet und auf einer Fachtagung im IFA sowie auf verschiedenen nationalen Vorträgen vorgestellt.

Vorträge

  • Fachveranstaltung am IFA "Physische Belastung von Rettungskräften beim Patiententransport – Chancen der Prävention" am 11.09.2018 mit dem Vortrag "Physische Belastungen beim Patiententransport in Treppenhäusern".
  • Beitrag auf dem Sicherheits-Forum Feuerwehr der UK NRW in Gladbeck am 19.09.2018. Titel: Heben und Tragen im Rettungsdienst
  • Beitrag auf dem 18. DRK-Rettungsdienstsymposiums in Hohenroda am 15.11.-16.11.2018. Titel: "Hau Ruck und weg!" Gesundheitsschutz, Ergonomie und physische Belastungen von Rettungskräften beim Patiententransport.
  • Internationaler Kongressbeitrag: PREMUS Conference in Bologna am 02.09.- 05.09.2019, Titel: Physical load of rescue workers during patient transport in stairwells

Stand:

06.09.2019

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
  • Unfallkasse Nordrhein-Westfalen
Branche(n):

Gesundheitswesen

Gefährdungsart(en):

Arbeitsbedingte Erkrankungen, Handhabung von Lasten, Gestaltung von Arbeit und Technik

Schlagworte:

Ergonomie, Muskel-Skelett-Erkrankungen (außer Krebserkrankungen)

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Rettungsdienst, Personentransport, Rückenbelastung, Kompressionskräfte, CUELA, Kraftgriffe

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