Evaluation des Umsetzungskonzeptes FAUST-II in der Erstversorgung bei SAV-Fällen

Projekt-Nr. FF-FR 0271

Status:

abgeschlossen 08/2022

Zielsetzung:

Die vorliegende versorgungswissenschaftliche Studie hat die Prozess- und Ergebnisqualität eines screening gestützten Vorgehens zu Früherkennung, Diagnostik und Frühintervention psychischer Unfallfolgebeschwerden nach akuten, schweren Arbeitsunfallverletzungen re-evaluiert. Ein optimiertes Konzept zur sekundären Prävention von Risikopatienten (RP) wurde seit 2016 routinemäßig bei Schwerstverletzungsartenverfahren(SAV)-Fällen in neun Berufsgenossenschaftlichen Unfallkliniken eingesetzt. Güte der Umsetzung, Anwendungserfahrungen und Ergebnisse wurden bei den psychologischen Diensten (PD), UV-Verwaltungen und Versicherten prospektiv untersucht.

Aktivitäten/Methoden:

Zwischen 2018 und 2021 wurden n = 2822 akute SAV-Patienten mit dem Freiburger Screeningfragebogen (FSQ) untersucht. Dabei wurden 16 % als RP identifiziert. Die n = 211 eingeschlossenen RP wurden innerhalb der ersten 21 Tage nach Klinikaufnahme und erneut nach sechs Monaten mit psychometrischen Selbstbeurteilungsfragebögen untersucht. Verfahrensabläufe und Anwendungserfahrungen wurden von den PD für die stationäre Phase und von den UV-Fallmanager für das Heilverfahren nach sechs Monaten schriftlich erhoben. Zu Kontrollzwecken wurden zusätzlich 152 Nichtrisikopatienten untersucht. Da die Intervention naturalistisch und ohne Kontrollbedingungen evaluiert wurde, wurden Daten der methodisch vergleichbaren Vorläuferstudie (FAUST-II) für historische Vergleiche herangezogen.

Ergebnisse:

Das Screening hat bei guter Praktikabilität und hoher Akzeptanz während der Erstbehandlung bei 2/3 aller RP zu spezifischen psychodiagnostischen oder/und -therapeutischen Maßnahmen geführt. Die standardisierte Benachrichtigung der Unfallversicherungsträger (UVT) über den Risikostatus hat bei 90 % funktioniert. Die für die Rot-Fälle vorgesehenen, für Gelb-Fälle nur optionalen Befundberichte mit individuellen Weiterbehandlungsempfehlungen lagen für 50 % der RP vor. In den Versichertenakten waren bei 33 % der RP explizite psychische Diagnosen dokumentiert. Auch wurden bei einem Drittel der RP ambulante psychotherapeutische Maßnahmen durchgeführt. Diese waren überwiegend noch im Anfangsstadium. Die Prozessevaluation durch die UV-Sachbearbeitung war überwiegend positiv, für die Gelb-Gruppe aber kritischer als für die beiden anderen Risikogruppen. Im Vergleich zur Vorgängerstudie zeigte sich eine verbesserte Rezeption durch die Sachbearbeitung der UVT. Nach sechs Monaten war eine Reduktion psychischer Unfallfolgebeschwerden (Posttraumatische Belastungsstörung, Depression, Angst) nicht nachweisbar. Die signifikanten initialen Unterschiede zwischen den Risikogruppen blieben im Mittel ohne klinisch relevante Verbesserungen erhalten. Etwa die Hälfte der RP gaben in ihrer Selbstbeurteilung klinisch relevante Beschwerden, Einschränkungen ihrer Alltagsbewältigung und ihrer Lebensqualität an. Dabei hatten die am stärksten Belasteten konsequenterweise häufiger Behandlungen erhalten. Historische Vergleiche mit der Vorläuferstudie erbrachten, trotz signifikant besserer Detektion, einer positiveren Bewertung des Screening-Algorithmus und einer höheren psychotherapeutischen Behandlungsquote der RP keine Überlegenheit in den Heilverläufen der aktuellen Stichprobe gegenüber der von FAUST-II. Schlussfolgerungen: Der fehlende Wirksamkeitsnachweis für die Intervention im Sechs-Monatsverlauf muss vor dem Hintergrund der bei SAV-Patienten prioritären Behandlung der schweren körperlichen Verletzungsfolgen, der in 72 % noch nicht erreichten beruflichen Rehabilitation und der zumeist noch im Anfangsstadium befindlichen psychotherapeutischen Behandlungen bewertet werden. Die deutlich verbesserten und inzwischen gut etablierten Prozessabläufe in den Kliniken und bei den UVT lassen erwarten, dass das Screening-gestützte Handlungskonzept bei höherer Therapiedosis und leitliniengerechter Anwendung der entsprechenden Psychotherapieverfahren seine Wirksamkeit zeigen wird. Entsprechende Effekte werden sich realistischerweise jedoch erst nach ca. 12-18 Monaten beurteilen lassen.

Stand:

15.01.2024

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Universitätsklinikum Freiburg
  • BG Klinikum Bergmannstrost Halle gGmbH
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

-Verschiedenes-

Schlagworte:

Rehabilitation

Weitere Schlagworte zum Projekt:

FAUST, Freiburger Arbeitsunfall-Studie