Funktioneller Gewebeersatz mittels eines hämodynamisch stimulierten und in vivo vaskularisierten Bindegewebslappens

Projekt-Nr. FF-FR 0226

Status:

abgeschlossen 12/2016

Zielsetzung:

Ziel des vorliegenden Projektes war die in vivo Erzeugung eines zentral durchbluteten und transplantationsfähigen Bindegewebslappens im Körper des Empfängers, welcher zur passgenauen Rekonstruktion von lappenpflichtigen Defekten – mit freiliegenden Knochen, Sehnen, Nerven oder Gefäßen – verwendet werden kann. In Zukunft könnte auf diese Weise im Gegensatz zu den aktuell verwendeten Lappenplastiken, die von gesunden Körperstellen des Empfängers entnommen werden müssen, eine bedarfsgerechtere Behandlung mit nahezu fehlender Hebedefektmorbidität erreicht werden. Zum anderen eröffnet es Patienten mit Spenderlimitation (u. a. Schwerbrandverletzte, stark polytraumatisierte Patienten) eine Behandlungsmöglichkeit, die derzeit nicht verfügbar ist.

Aktivitäten/Methoden:

siehe Ergebnisse

Ergebnisse:

Bei der Gewebezüchtung, dem sog. Tissue Engineering, ist die Herstellung von artifiziellem Gewebe mit suffizienter Blutversorgung bei einer freien Transplantation in Bezug auf die Größe limitiert. Grundvoraussetzung für die Integrität nach einer Transplantation ist eine gleichmäßige Durchblutung des Gewebes. Wir konnten hier zeigen, dass in der Ratte mit Hilfe einer arteriovenösen Gefäßschleife (AV Loop), die eingebettet in eine Matrix in eine Isolationskammer überführt wird, die in vivo Generierung von einer intrinsisch (von innen her) und gleichmäßig vaskularisierten Bindegewebslappenplastik möglich ist. Bei dieser speziellen Form der flussvermittelten Gefäßneubildung scheint – anders als durch Vorstudien erwartet – die Kanalfunktion des Gap Junction-bildenden Strukturproteins Connexin43 nicht von entscheidender Bedeutung zu sein. Weiterhin konnten wir darstellen, dass die Gefäßbildung sowie die biomechanische Stabilität des generierten Gewebes von der Beschaffenheit der Trägermatrix und dem Züchtungsintervall beeinflusst werden. Klinisches Kernziel war hierbei die Ermittlung der optimalen Matrix und des idealen Züchtungsintervalls zur Generierung einer AV Loop-basierten, freien Bindegewebslappenplastik sowie deren Validierung hinsichtlich der Fähigkeit, eine komplexe Wunde mit exponiertem Knochen zu rekonstruieren. Die Charakterisierung von zwei Kollagenmatrizen (MatriDerm® und Integra™ DRT) im AV Loop-Modell der Ratte zeigte nach einem subkutanen Implantationsintervall von zwei und vier Wochen eine erhöhte Vaskularisation und Zelldichte von MatriDerm® im Vergleich zu Integra™ DRT. Dies ging mit einem starken Umbauprozess von MatriDerm® einher, das, im Gegensatz zu Integra™ DRT, nach vier Wochen auch in den peripheren Arealen eine gleichmäßige Vaskularisation und Zellbesiedlung aufwies. Weiterhin ergab die Analyse der Elastizität einen Zusammenhang zwischen fest-elastischer Matrix und erhöhter Gefäßbildung sowie Zellmigration in vivo. Die AV Loop-basierte Bindegewebslappenplastik konnte im Anschluss erstmals erfolgreich auf einen standardisierten Defekt mit exponiertem Knochen auf dem Schulterblatt der Ratte frei transplantiert werden. Sie führte im Gegensatz zu avaskulären Verfahren hier zu einer suffizienten Deckung mit rascher Sanierung der Wunde. Bei dem Verfahren konnte gänzlich auf die Verwendung angio-induktiver und damit potenziell kanzerogener Substanzen verzichtet werden. Auch eine aufwändige In-vitro-Zellkultivierung musste nicht erfolgen, da die natürliche Migration von Zellen über die Gefäßoberfläche zu einer Zellbesiedlung und später zum funktionellen, bindegewebigen Umbau des Gewebes führte. Die relativ einfache und verlässliche Methode bietet somit optimale Bedingungen für eine mittelfristige klinische Anwendung, um so passgenaue Lappenplastiken entfernt von der Verletzungszone zu generieren und die Hebemorbidität und begrenzte Verfügbarkeit von herkömmlichen Lappenplastiken zu umgehen. Dies wäre insbesondere im Hinblick auf das adressierte Patientenspektrum (Verbrennung, Polytrauma, kritische Hautweichteildefekte, Extremitätenerhalt etc.) von medizinischer und ökonomischer Relevanz. Der nächste Schritt zur humanen Anwendung wäre die Überführung der AV Loop-Technik zur Gewebezüchtung in ein Großtiermodell.

Stand:

21.04.2021

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • BG Unfallklinik Ludwigshafen
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

-Verschiedenes-

Schlagworte:

Rehabilitation

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Gewebeersatz, Hämodynamik, Vaskularisation, Bindegewebslappen