Beschimpfungen, Bedrohungen oder körperliche Übergriffe – Beschäftigte im öffentlichen Personenverkehr erleben immer wieder Gewalt im Berufsalltag. Besonders betroffen sind Fahr- und Servicepersonal, Kontrolleure und Mitarbeitende im Kundendienst. Die Angriffe kommen häufig überraschend und hinterlassen nicht nur körperliche, sondern auch psychische Spuren. Doch Gewalt ist kein unvermeidbarer Teil des Berufs. Mit gezielter Prävention, klaren Strukturen und gegenseitigem Respekt können Unternehmen und Beschäftigte viel tun, um sich und andere zu schützen.
Die Gewaltbereitschaft steigt. Laut Erhebungen der DGUV gehen inzwischen etwa 10 Prozent der meldepflichtigen Arbeitsunfälle in dieser Branche auf Gewaltvorfälle zurück. Besonders häufig kommt es zu Konflikten in Situationen, in denen Regeln durchgesetzt werden müssen – etwa bei Ticketkontrollen, Alkoholverboten, Verspätungen oder wenn Fahrgäste unter Stress stehen.
Neben körperlicher Gewalt sind vor allem Beleidigungen, Drohungen und respektloses Verhalten an der Tagesordnung. Diese Formen psychischer Gewalt werden oft unterschätzt, können aber stark belasten. "Viele Beschäftigte nehmen Beschimpfungen als Teil des Jobs hin – doch das darf nicht sein", betont Judith Treiber, Psychologin bei der Unfallversicherung Bund und Bahn.
Die Gründe für Übergriffe im öffentlichen Verkehr sind vielfältig. Häufig spielen Zeitdruck, Überfüllung, Alkoholkonsum oder Frustration über Fahrplanänderungen und verpasste Anschlüsse eine Rolle. Das Fahr- und Servicepersonal ist dabei besonders gefährdet: Die Beschäftigten stehen täglich in direktem Kontakt mit unterschiedlichsten Menschen, oft unter schwierigen Bedingungen: in engen Räumen, zu ungewöhnlichen Zeiten und/oder allein im Dienst.
Arbeitgebende sind verpflichtet, ihre Beschäftigten vor Gefährdungen – auch durch Gewalt – zu schützen. Gewaltprävention beginnt bereits im Unternehmen. So kann auch eine gelebte Präventionskultur dazu beitragen, das Risiko für Übergriffe durch Dritte zu verringern oder Angriffe zu vermeiden und so die Sicherheit ihrer Teams zu stärken. Damit wird Sicherheit und Gewaltprävention nicht nur formal umgesetzt, sondern aktiv in den Arbeitsalltag integriert.
Wirksame Strategien sind:
"Wirksame Prävention gelingt nur durch gemeinsames Handeln von Beschäftigten und Unternehmen. Dabei geht es sowohl darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Risiken zu minimieren, als auch die Kompetenzen der Mitarbeitenden gezielt zu stärken. Nur so können Maßnahmen gegen Gewalt effektiv umgesetzt werden", betont Rainer Erb, Aufsichtsperson im Präventionsfeld ÖPNV/Bahnen der VBG.
Wer Gewalt erlebt hat, braucht schnelle und kompetente Unterstützung. Neben ärztlicher und psychologischer Betreuung ist auch die betriebliche Nachsorge wichtig. Einige Verkehrsunternehmen arbeiten mit Beratungsdiensten zusammen oder stellen geschulte, interne Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner bereit.
Arbeitnehmende können sich außerdem an die gesetzliche Unfallversicherung wenden. Sie bietet Beratung, Rehabilitationsmaßnahmen und Unterstützung bei der Wiedereingliederung.
Auch online stehen Beschäftigten in Verkehrsbetrieben zahlreiche Informationen und Materialien zur Verfügung:
Jede und jeder kann selbst zu einem sicheren Miteinander beitragen. Diese Grundregeln helfen im Alltag:
Respekt als Grundlage
Gewaltprävention bedeutet nicht nur Schutzmaßnahmen – sie beginnt mit gegenseitigem Respekt. Wenn Fahrgäste und Beschäftigte einander mit Verständnis begegnen, entstehen weniger Konflikte. Unternehmen, die eine Kultur des Miteinanders fördern, profitieren gleich doppelt: Beschäftigte fühlen sich sicherer und zufriedener, und auch das Image des öffentlichen Verkehrs verbessert sich.
Gewalt im öffentlichen Verkehr ist kein unvermeidbares Risiko, sondern eine Herausforderung, der man mit Wissen, Training und Zusammenhalt begegnen kann. Prävention schützt nicht nur die Beschäftigten, sondern stärkt das Vertrauen der Fahrgäste und wirkt positiv auf die Qualität des gesamten Angebots.