Fragen und Antworten

Bild: tasosk, fotolia.com


  • Ist das Tragen von „blauen (Folien-) Überziehschuhen“ für pflegerische Tätigkeiten zulässig bzw. was gilt es im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung dabei zu berücksichtigen? (2022)

    Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung werden tätigkeitsbezogen mögliche Gefährdungen ermittelt sowie die erforderlichen Maßnahmen abgeleitet. Daraus ergeben sich auch die Anforderungen an das Schuhwerk ambulanter Dienste. Viele Tätigkeiten erfordern einen festen Stand, beispielsweise die Unterstützung betreuter Personen beim Gehen, Hilfe beim Transfer vom Bett in einen Stuhl oder umgekehrt, Hilfe beim An- und Auskleiden, Unterstützung beim Duschen. Das Schuhwerk sollte daher stabil, haltgebend und rutschfest sein.

    Kunden äußern den Wunsch nach Überziehschuhen aus verschiedenen Gründen, wie dem Sauberkeitszustand der Straße, auch witterungsbedingt, oder aus kulturellen Gewohnheiten/ Einflüssen. Die Anforderungen des Arbeitsschutzes bleiben davon jedoch unberührt, im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind mögliche Gefährdungen, auch beim An-/ Ausziehen und Tragen von Überziehschuhen, zu ermitteln und erforderliche Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen und berufsbedingten Erkrankungen zu ermitteln.

    Überziehschuhe schützen Beschäftigte nicht vor einer Gefährdung. Vielmehr können sich durch das Anziehen und Tragen neue Gefährdungen ergeben, wie beispielsweise:

    • eine erhöhte Sturzgefährdung beim An- bzw. Ausziehen der Überziehschuhe,
    • das Ausrutschen beim Tragen der Überziehschuhe
    • psychische Belastungen aufgrund des erhöhten Zeitaufwandes

    Bisherige Prüfungen von Überziehern (Reinraumschuhen) beim Institut für Arbeitsschutz (IFA) in Sankt Augustin auf dem Rutschhemmungsprüfstand ("Schuhtester") zeigten, dass keine hinreichenden Werte erzielt wurden. Auch bei Vergleichsprüfungen auf der "Schiefen Ebene" (Rampe) zeigte sich keine ausreichende Rutschhemmung. Das Verwenden solcher Überzieher/Überschuhe kann die Gefährdung des Ausrutschens deutlich erhöhen. Weitere Informationen dazu sind unter https://www.dguv.de/fb-psa/fragen-und-antworten/faq-fussschutz/index.jsp bzw. https://www.dguv.de/medien/fb-psa/de/sachgebiet/sg_fuss/info_ueberzieher.pdf zu finden.

    Für das An- bzw. Ausziehen sowie das Tragen von Überziehschuhen sind daher weitere Maßnahmen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung umzusetzen, wie beispielsweise:

    • Maßnahmen zum sicheren An- bzw. Ausziehen der Überziehschuhe, beispielsweise durch einen Stuhl am Wohnungseingang,
    • Der Reibwert beider Seiten der Überziehschuhe sind vergleichbarer mit der Schuhsohle, um die gleiche Standfestigkeit zu erreichen,
    • Berücksichtigung des Zeitaufwandes bei der Tourenplanung.

    Die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen ist regelmäßig zu überprüfen. Auch anlassbezogen ist zu ermitteln, ob die getroffenen Maßnahmen ausreichend sind, beispielsweise durch Untersuchung bei Unfällen oder Beinahunfällen.

  • Werden die Kosten für Sicherheitsgeräte von der Krankenkasse übernommen? (2022)

    Der Arbeitgeber hat gemäß § 11 Abs. BioStoffV spitze und scharfe medizinische Instrumente vor Aufnahme der Tätigkeit durch solche zu ersetzen, bei denen keine oder eine geringere Gefahr von Stich- und Schnittverletzungen besteht, soweit dies technisch möglich und zur Vermeidung einer Infektionsgefährdung erforderlich ist. Konkretisiert wird dies durch die TRBA 250 "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege".

    Dies bleibt davon unberührt, ob eine Kostenübernahme für Sicherheitsgeräte von der Krankenkasse möglich ist. Es ist Aufgabe des Arbeitgebers, dafür zu sorgen, dass sichere Instrumente zur Verfügung stehen und eingesetzt werden.

    Seit Mai 2019 ist eine Kostenübernahme von Sicherheitsgeräten als Hilfsmittel durch die Krankenkassen möglich (§ 33 SGB V). Damit haben Versicherte Anspruch auf solche Hilfsmittel, die dritte Personen durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen bei der Anwendung des Hilfsmittels schützen, wenn die oder der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit einer dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen.

     

    Dies hat der G-BA in seiner Begründung zu diesem Beschluss detailliert dargelegt, darin heißt es insbesondere:

    „Voraussetzung ist, dass die oder der Versicherte selbst aufgrund ihres oder seines körperlichen Zustands bzw. ihrer oder seiner geistigen Entwicklung nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit einer dritten Person bedarf.

    Diese Voraussetzungen liegen insbesondere bei Versicherten vor mit:

    • einer so hochgradigen Einschränkung der Sehfähigkeit, dass es ihnen unmöglich ist, das Hilfsmittel eigenständig zu nutzen,
    • einer so erheblichen Einschränkung der Grob- und Feinmotorik der oberen Extremitäten, dass sie nicht in der Lage sind, das Hilfsmittel eigenständig zu nutzen,
    • einer so starken Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit, dass sie zu schwach sind, das Hilfsmittel eigenständig zu nutzen,
    • einer starken Einschränkung der geistigen Leistungsfähigkeit oder Realitätsverlust, so dass sie nicht in der Lage sind, das Hilfsmittel eigenständig zu nutzen und/oder
    • entwicklungsbedingt nicht vorhandener Fähigkeit, die Tätigkeit zu erlernen oder selbstständig durchzuführen.“

    (Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA): „Tragende Gründe zum Beschluss“ vom 22. November 2019, Abschnitt 2.2, S. 2 f., https://www.g-ba.de/beschluesse/4030/)

    Der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in § 6b Verordnung von Hilfsmitteln mit einem Sicherheitsmechanismus die Tätigkeiten bestimmt, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Gemäß § 6b Verordnung von Hilfsmitteln mit einem Sicherheitsmechanismus kann eine erhöhte Infektionsgefährdung bei folgenden Tätigkeiten angenommen werden:

    • Blutentnahmen zur Gewinnung von Kapillarblut,
    • subkutane Injektionen,
    • subkutane Infusionen,
    • perkutane Punktion eines Portsystems zur Infusion sowie
    • Setzen eines subkutanen Sensors

    Darüber hinaus wird in § 6b auch auf vergleichbare Tätigkeiten verwiesen.

    In diesen Fällen ist eine Kostenübernahme des Sicherheitsgerätes durch die Krankenversicherung möglich. Dies betrifft beispielsweise die Versorgung von Diabetikern, bei denen beispielsweise Pflegepersonen, medizinische Fachangestellte oder Angehörige die Punktion und Messung des Blutzuckerwertes sowie die Injektion des Insulins übernehmen, z.B. Produkte wie Lanzetten.

    Der Beschluss des G-BA sowie tragende Gründe dazu sind hier zu finden.

     

  • Welche Anforderungen an das Vorhalten von Augenduschen bestehen in medizinischen Laboren (2022)?

    Einzig in der Technischen Regel für Gefahrstoffe - TRGS 526 "Laboratorien" Nr. 6.6.2 ist das Vorhalten netzgebundener Augenduschen gefordert:

    "In Laboratorien müssen […] mit Wasser von Trinkwasserqualität gespeiste Augennotduschen so installiert sein, dass diese von jedem Arbeitsplatz aus unverzüglich erreichbar sind. Sie sollen beide Augen sofort mit ausreichenden Wassermengen [Anm: 6l/min an jeder Auslassöffnung einer Augennotdusche] spülen können.“

    Ausnahmen in Form von Augenspülflaschen sind danach nur zulässig, "wenn […] kein fließendes Trinkwasser zur Verfügung steht."

    Die genannte technische Regel findet ihren Anwendungsbereich auf Laboratorien, in denen nach chemischen, physikalischen oder physikalisch-chemischen Methoden präparativ, analytisch oder anwendungstechnisch mit Gefahrstoffen gearbeitet wird.

    Für Gefährdungen, die aus Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen im Labor erwachsen, ist die technische Regel TRBA 100 "Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien" (zusätzlich) zu beachten.

    In der TRBA 100 "Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien" wird für die Schutzstufe 2 in Nr. 5.3 (4) gefordert, dass "Einrichtungen zum Spülen der Augen vorhanden sein müssen." Für Schutzstufe 3 wird in Nr. 5.4.2 (34) ebenfalls gefordert, "im Laboratorium geeignete Möglichkeiten zur Augenspülung vorzuhalten." In einem Hinweis wird festgehalten, dass "Augenspülflaschen nach DIN 12930 hier aus infektionspräventiven Gründen einer festinstallierten Augendusche vorzuziehen sind."

    Diese von der TRGS 526 "Laboratorien"abweichende Anforderung begründet sich bei auf biologische Arbeitsstoffe ausgerichteten Laboratorien auf die im Allgemeinen sehr geringe bis vernachlässigbare Gefährdung der Augen durch mögliche Gefahrstoffspritzer.

    Letztlich muss sich aus der arbeitsplatzspezifischen Gefährdungsbeurteilung unter Bewertung der verwendeten chemischen Gefahrstoffe ergeben, welche Maßnahmen zum Schutz vor dauerhaften Augenverletzungen der Beschäftigten ergriffen werden müssen.

    Beispielsweise können somit auch Apotheken mit nicht überdurchschnittlicher Labortätigkeit (sehr geringe Gefährdung) zu dem Ergebnis kommen, dass auf eine Augendusche mit Wasseranschluss zugunsten einer stets einsatzbereiten Augenspülflasche verzichtet werden kann.

  • Welche Anforderungen bestehen auf dem Weg zum Kurierfahrzeug, wenn potentiell kontaminiertes Probenmaterial einem Kurierdienst übergeben bzw. von ihm abgeholt werden soll? (2022)

    Die Ziffer 4.1.9 der TRBA 250 "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege"weist auf die zu beachtenden Regelungen zum Versand von diagnostischem Probenmaterial im Geltungsbereich des Gefahrgutrechts hin. Detaillierte Hinweise zum Versand nach ADR bietet die BGW-Informationsschrift "Patientenproben richtig versenden".

    Ziffer 5.8.3 (5) benennt Anforderungen im Kontext eines innerbetrieblichen Transportes ("Proben-Transportbehältnisse zur Weitergabe an nachgeordnete Bereiche müssen bruchsicher, dicht verschließbar, flüssigkeitsdicht, dauerhaft gekennzeichnet und leicht zu desinfizieren sein. [...]") am Beispiel der Pathologie.

    In analoger Weise fordert Ziffer 5.3 (19) der TRBA 100 "Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien" in Bezug auf infektiöses Material: "Werden biologische Arbeitsstoffe oder Material, welches biologische Arbeitsstoffe enthält oder enthalten kann, außerhalb des Schutzstufenbereichs innerbetrieblich transportiert, muss dies in geschlossenen, formstabilen, bruchsicheren, flüssigkeitsdichten und von außen desinfizierbaren Gefäßen erfolgen, die dauerhaft beschriftbar bzw. etikettierbar sind. Sie dürfen sich durch äußere Einwirkungen nicht versehentlich öffnen lassen."

    Nach Auffassung des Sachgebiets Gesundheitsdienst sind in Analogie diese Anforderungen auch für den Weg zum Fahrzeug anzuwenden und es muss durch geeignete Maßnahmen der Transportsicherung die Gefährdung einer unmittelbaren Exposition auch für den Fall eines Sturzes oder ähnlichen Zwischenfalles minimiert werden.

    In Bezug auf die Leistungsanforderungen an eine Verpackung bzw. Probensicherung kann sich der Verantwortliche an den Ziffern 5.8.3 der TRBA 250 "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege". bzw. der Ziffer 5.3 der TRBA 100 "Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien" orientieren. Umverpackungen nach P650 bzw. P620 erfüllen diese Anforderungen.

    Über den Transport gefährlicher Güter (z.B. Trockeneis, Gasflaschen, Chemikalien) informiert die DGUV Information 213-012 "Gefahrgutbeförderung in Pkw und in Kleintransportern".

  • Was müssen Unternehmen aus dem Gesundheitsdienst bei der Aufbereitung von Arbeitskleidung beachten? (2021)

    Die BGW beantwortet die Frage hier

  • Wie können Nadelstichverletzungen in Impfzentren vermieden werden? (2021)

    In den zurückliegenden Wochen hat es wiederholt Meldungen zu Nadelstichverletzungen in Corona-Impfzentren gegeben. Verletzt hatten sich Ärzte, medizinisches Fachpersonal und Reinigungskräfte.

    Ungünstige Entsorgungsverfahren sind hauptsächlich die Ursache dieser Nadelstichverletzungen gewesen.

    Aus dem gegebenen Anlass weist das Sachgebiet Gesundheit der deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung auf relevante Punkte für einen sicheren Umgang mit den Impfspritzen hin, um Nadelstichverletzungen möglichst zu vermeiden:

    • Organisieren Sie Ihren engen Impfarbeitsplatz so, dass Sie auch unter Zeitdruck ohne umzugreifen oder die gebrauchte Impfspritzen nochmals ablegen zu müssen, diese komplett in ein geeignetes Abfallbehältnis abwerfen können.
    • Stellen Sie die Abfallbehältnisse so nah wie möglich an den Verwendungsort der Impfspritze, so dass Sie sich in Ihrem im Greifraum befinden.
    • Delegieren Sie die Entsorgung der gebrauchten Spritze nicht an andere Personen.
    • Gebrauchte Kanülen dürfen nicht in die Kanülenabdeckung (Schutzkappe) zurückgesteckt werden, d. h. kein "Re-capping".
    • Gebrauchte Kanülen dürfen nicht verbogen oder abgeknickt werden, es sei denn, diese Manipulation dient der Aktivierung einer integrierten Schutzvorrichtung.
    • Vermeiden Sie das Abstreifen der Impfkanüle. Durch das Abrutschen von der Abstreifvorrichtung wurden bereits Kanülen aus der Öffnung des Abfallbehälters in den Raum "katapultiert" und haben später zur Verletzung von Reinigungskräften geführt.
    • Vermeiden Sie das händische Trennen der Kanüle vom Spritzenkörper und werfen die komplette Impfspritze direkt ab.
    • Die Abfallbehältnisse dürfen nicht überfüllt werden, sie müssen den Abfall sicher umschließen. Die maximale Füllmenge des Abfallbehältnisses ist angegeben, der Füllgrad ist erkennbar. Sobald die maximale Füllmenge des Abfallbehältnisses erreicht ist, wird der Behälter sachgerecht verschlossen.

    Weitere Maßnahmen zur Minimierung des Risikos von Nadelstichverletzungen enthält Ziff. 4.2.5 Prävention von Nadelstichverletzungen der TRBA 250 "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege".