Interview mit Marcus Karallus, Leiter der Akademie der Sicherheitsfirma Power GmbH

Bild: DGUV

"Ich habe keine Lust auf Gewalt"

Marcus Karallus, Leiter der Akademie der Sicherheitsfirma Power GmbH, ist seit vielen Jahren in der Bewachung tätig und gibt sein Wissen nun an andere Sicherheitskräfte weiter. Im Interview spricht er über Gewaltprävention, den Nutzen von Aus- und Weiterbildung und die Vorbereitung auf besondere Einsätze.

Herr Karallus, Sie sind seit 30 Jahren im Bewachungsgewerbe tätig, haben prominente Personen geschützt und zahlreiche Großveranstaltungen betreut und dabei auch Gewalt erlebt. Wie haben Sie diese Erfahrungen geprägt?

Jede einzelne Gewalterfahrung hat mich geprägt und lässt mich immer wieder nur zu einem Schluss kommen: Ich habe keine Lust auf Gewalt! Denn dabei ist noch nie etwas Gutes rausgekommen. Ich kann nur eins sagen: Lasst es sein.

Sie sagen sehr nachvollziehbar, Sie haben keine Lust auf Gewalt, suchen sich dann aber diesen Job aus, der ganz oft mit Gewalt zu tun hat. Wie geht das zusammen?

Für mich widerspricht sich das nicht. Mir geht es ja gerade darum, es gar nicht erst zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommen zu lassen. Ich bin natürlich gut darin, mich selbst zu verteidigen, auch kann ich von anderen Personen Gewalt fernhalten und für deren Sicherheit sorgen. In erster Linie geht es aber darum, zu deeskalieren und schon ganz früh zu intervenieren, bevor sich Situationen hochschaukeln.

Welche Rolle spielt dabei die Aus- und Weiterbildung?

Aus-, Fort- und Weiterbildung ist für mich die Säule, auf der Gewaltlosigkeit beruht. Nur wenn ich weiß, was ich tue, kann ich die Situation beherrschen. Wichtig ist dabei, authentisch zu sein. Wir müssen wissen, wie wir in kritischen Situationen für Entspannung sorgen, natürlich auch, wie wir Angreifer notfalls überwältigen könnten. Nur wenn man selbstsicher ist, kann man Sicherheit ausstrahlen und für Sicherheit sorgen.

Wie bereiten Sie sich auf spezielle Einsätze vor?

Stehen besondere Events oder Einsätze an, bereiten wir uns auch noch einmal konkret für diese Situation vor. Dann kommt zum Beispiel ein Trainer, der uns speziell zum Thema Deeskalation schult. Wir machen dann in der Regel noch mal gezielte Übungen, damit sich die eingesetzten Kräfte selber sicher und gut vorbereitet fühlen.

Wie läuft ein Deeskalationstraining grundsätzlich ab?

Wir starten in der Regel mit der Theorie: Was ist Gewalt? Welche Formen gibt es? Was bedeutet Deeskalation? Dann geht es auch ganz viel um die Praxis. Zentral sind hier Rollenspiele, die wir auch auf Video aufnehmen und analysieren. Wichtig ist, dass sich die Teilnehmenden ihrer eigenen Wirkung bewusst werden. Allein die Körperhaltung macht schon viel aus. Mit ihr kann ich die Situation anheizen, aber genauso eben vermitteln ‚Hey, ich will keinen Stress, ich will das jetzt mit dir klären.‘ und mich gleichzeitig aber auf alles gefasst machen.

Was wünschen Sie sich von der Gesellschaft?

Von der Gesellschaft wünsche ich mir, dass sie einen grundsätzlichen Flow hin zu weniger Gewalt entwickelt. Gewalt darf keine Akzeptanz bekommen. Menschen sollten etwas tun, wenn es zu Gewalt kommt. Dabei geht es nicht darum, dass sie sich selbst in Gefahr bringen. Aber sich als Zeugen zur Verfügung stellen, die Polizei rufen, Gewaltdelikte zur Anzeige bringen, sich einfach bemerkbar machen, kann Gewalt verhindern oder wenigstens helfen, Täter oder Täterinnen zur Rechenschaft zu ziehen. Wir müssen klarmachen: Wir gucken hin. Und dein Handeln hat Konsequenzen. Das ist übrigens auch mein Appell an die Politik und die Justiz: Gewalt muss konsequent verfolgt werden. Nur so schaffen wir es, Gewalt in unserer Gesellschaft keinen Platz zu lassen.