Von Mitte Juni bis Mitte Juli findet hier in Deutschland die Fußball-Europameisterschaft 2024 der Herren statt. Ein großes Ereignis für die europäischen Fußballmannschaften, aber auch für Millionen von Fans. Mittendrin sind die vielen Menschen, die während der EM für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Vor allem gefordert bei solchen Großereignissen sind die vielen Sicherheitskräfte. Sie sorgen in und rund ums Stadion für die Sicherheit aller Anwesenden. Ralf Servas von der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) spricht im Interview über Gewalt beim Fußball, wie die VBG den DFB bei der Gewaltprävention unterstützt und wie sich vor allem Sicherungsdienstleister vor Übergriffen schützen können.
Herr Servas, Auseinandersetzungen in Fußballstadien sind leider nicht selten. Wo beginnt Gewalt Ihrer Meinung nach?
Für uns fängt Gewalt bereits bei Beleidigungen an. Dies kommt sowohl zwischen Fans unterschiedlicher Fußballmannschaften als auch gegenüber den Beschäftigten im Stadion ständig vor. Problematisch wird es dann, wenn diese Form der Gewalt eskaliert.
Gibt es einen Unterschied zu Gewaltvorfällen innerhalb und außerhalb des Stadions, zum Beispiel auf Fanmeilen, beim Public Viewing oder wenn man an die Mannschaftsbetreuung denkt?
Wir erfassen die uns gemeldeten Unfälle und werten diese aus. Hiernach finden deutlich weniger Übergriffe auf Ordnerinnen und Ordner und Sicherheitsmitarbeitende in Stadien statt als außerhalb. Dies hat auch mitunter mit der starken Präsenz der Polizei zu tun. Gerade beim Public Viewing oder auf Fanmeilen sind meist nur die Sicherheitsmitarbeitenden in ausreichender Stärke vorhanden um dort für Ruhe und Ordnung zu sorgen.
Und wie kann sich genau diese Branche vor Übergriffen schützen?
Hier ist in erster Linie eine gute Vorbereitung entscheidend. Wenn ich vor der Veranstaltung weiß, was auf mich zukommt, kann ich dementsprechende Vorbereitungen treffen. Hierzu gehört natürlich auch eine gute Ausbildung und Schulung der Mitarbeitenden, damit sie bei Ereignissen angemessen handeln können. Dies fängt bei der Deeskalation an und kann bis zu Eingriffshandlungen gehen. Hier kann die VBG die Firmen durch ihre Schulungsangebote unterstützen.
Sie haben auch den DFB bei der Entwicklung eines Schulungskonzepts für Sicherungs- und Ordnerdienste in Stadien unterstützt. Was beinhaltet diese Schulung?
Mit dem QuaSOD Qualifizierungskonzept hat nun jeder im Stadion eingesetzte Ordner eine Schulung durchlaufen, so dass er hinreichend auf den Einsatz vorbereitet ist. Da diese Schulung modular ist, gibt es verschiedene Inhalte, die sich an der jeweiligen Aufgabe orientieren. Die VBG hat schon vorher Sicherheitsmitarbeitende in diesen Bereichen geschult und konnte diese Erkenntnisse mit einfließen lassen.
Und worauf müssen sich Ordnerinnen und Ordner konkret einstellen?
Das hängt natürlich davon ab, wo sie eingesetzt werden. Grundsätzlich ist es aber wichtig, dass alle wissen, worauf sie sich einlassen. Hier sind dann die Führungskräfte gefragt, ihre Mitarbeitenden entsprechend ihrer Qualifikation einzusetzen. Und letztlich sollte jedem Ordner bewusst sein, dass sein eigenes Auftreten enorme Wirkung hat. Bin ich freundlich und bestimmt, kann ich damit schon von Anfang an deeskalierend wirken.
Wie sind die Erfahrungen aus der Praxis? Hat sich das Schulungskonzept bewährt?
Unsere gemeldeten Unfälle im Stadion sind deutlich geringer als bei sonstigen Veranstaltungen, was eindeutig für dieses Konzept spricht. Wir würden uns wünschen, dass es ein vergleichbares Schulungskonzept bei allen Arten von Sicherungsdienstleistungen bei Veranstaltungen gäbe und dies verpflichtend wäre.
Und was ist, wenn doch was passiert?
Durch eine gute Ausbildung können sich die Mitarbeitenden gegenseitig sichern und vor Übergriffen schützen. Sollte die Situation einmal nicht beherrschbar sein, so müssen sich die Mitarbeitenden zurückziehen und die Polizei hinzurufen. Die Sicherheit der Beschäftigten ist immer das wichtigste. Sollte es zu einem Übergriff mit einer Verletzung kommen, handelt es sich unter bestimmten Bedingungen um einen Arbeitsunfall und die VBG wird mit allen geeigneten Mitteln für eine Heilbehandlung sorgen.
Was wünschen Sie sich von den Zuschauenden und Fußballfans?
Wir wünschen uns ein faires Miteinander von allen. Denn nur gemeinsam können wir für eine friedliche EM sorgen. Gewalt egal in welcher Form hat auch bei diesem Event nichts zu suchen. Deswegen: Null Toleranz für Gewalt.