Die Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 401 „Gefährdung durch Hautkontakt – Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen“ gibt Empfehlungen zur Bewertung von Gefährdungen durch Hautkontakt mit Gefahrstoffen. Seit ihrer Veröffentlichung im November 2022 sind bei der Interpretation und Umsetzung in der Praxis Unsicherheiten aufgetreten. Diese haben zu zahlreichen Anfragen bei den Unfallversicherungsträgern geführt. Als Reaktion darauf hat eine Gruppe aus Arbeitsmedizin und Wissenschaft eine gemeinsame Stellungnahme zu den häufig diskutierten und praxisrelevanten Fragen veröffentlicht (Gina et al. 2025). Im Folgenden werden die wichtigsten Aussagen dieser Publikation zusammengefasst.
Gemäß dem Arbeitsschutzgesetz müssen Arbeitgebende die Arbeitsbedingungen bewerten, um Schutzmaßnahmen abzuleiten. Hierbei dient die TRGS 401 als wichtiges Instrument der Primärprävention zum Schutz der Hautgesundheit der Beschäftigten. Sie bietet umfassende Empfehlungen zur Beurteilung des Hautkontakts mit Gefahrstoffen und definiert die Feuchtarbeit (Fartasch et al. 2022). Ein zentraler Aspekt der neuen TRGS 401 ist die Bewertung von Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, bei denen Arbeitgebende verpflichtet sind, vor Tätigkeitsaufnahme eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Die TRGS 401 bietet spezifische Hinweise zur Einschätzung der dermalen Gefährdung bei Hautkontakt (Dörr und Pieper 2023).
Im Abschnitt 3.3.6 der TRGS 401 wurde der Begriff der Feuchtarbeit neu definiert. Danach sind Tätigkeiten entscheidend, bei denen Beschäftigte während ihrer Arbeitszeit zu einem erheblichen Teil Hautkontakt mit Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten haben. Dazu zählen auch häufiges Händewaschen oder Tätigkeiten im Wechsel mit dem Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen (fHS). Die reine Okklusionszeit durch das Tragen von fHS stellt keine Feuchtarbeit mehr dar (Fartasch et al. 2022). Davon unabhängig kann Feuchtarbeit jedoch auch vorliegen, wenn die Hände lediglich häufig gewaschen werden (ggf. mit darauffolgender Händedesinfektion). Der Kontakt zu Ölen entspricht ebenfalls keiner Feuchtarbeit im Sinne der TRGS 401, kann aber unter Umständen eine Hautgefährdung darstellen. In der letzten Ergänzung zur TRGS 401 vom August 2024 wurden Beispiele für wässrige Flüssigkeiten um wassergemischte Kühlschmierstoffe, wässrige Desinfektionsmittel oder wässrige Reinigungsmittel erweitert. Zu den wässrigen Desinfektionsmitteln gehören alkoholische Händedesinfektionsmittel, auch wenn sie in Form eines Gels angewendet werden.
Viele Betriebsärzte und Betriebsärztinnen waren unsicher, wenn es darum geht, die Auslösekriterien für eine arbeitsmedizinische Vorsorge einzuschätzen. Diese sollte erfolgen, wenn eine Feuchtarbeit nach Abschnitt 3.3.6 der TRGS 401 vorliegt ( Tab. 1). Dabei soll die in der TRGS 401 vorgenommene Quantifizierung hautbelastender Vorgänge lediglich eine Orientierung bieten. Eine Hautgefährdung durch Feuchtarbeit kann ebenfalls durch besondere Arbeitsumstände oder die Kombination hautbelastender Faktoren, auch unterhalb der genannten Werte, auftreten. Beispielsweise gehört die vorgeschriebene Kombination aus fHS, Händewaschen und direkt danach folgender Händedesinfektion dazu. Führen Beschäftigte nur unregelmäßig Tätigkeiten mit Feuchtarbeit aus, zum Beispiel im Vertretungsfall, kann auch dies Anlass für eine arbeitsmedizinische Vorsorge, wie eine Wunschvorsorge, sein.
Daher sollten Betriebsärzte und Betriebsärztinnen auf Basis ihrer Fachexpertise feststellen, ob eine Hautgefährdung vorliegt und die Betriebe im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung (GBU) hinsichtlich einer arbeitsmedizinischen Vorsorge beraten. Sie sollten auch über die arbeitsmedizinische Wunsch- oder ganzheitliche Vorsorge gemäß AMR 3.3 informieren. Auf diese haben Beschäftigte, unabhängig von der GBU, Anspruch. Zudem ist bei der individuellen Beratung zur Feuchtarbeit im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge auch auf bestehende Vorerkrankungen der Beschäftigten wie eine atopische Veranlagung zu achten.
Vorsorgeanlass* | Angebotsvorsorge | Pflichvorsorge |
Hautkontakt mit Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten | 2 h < 4 h pro Arbeitstag | >= 4h pro Arbeitstag |
Hautkontakt mit Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten im Wechsel mit dem Tragen flüssigkeitsdichter Schutzhandschuhe | 10-20x pro Arbeitstag | >20x pro Arbeitstag |
Händewaschen | 15-24x pro Arbeitstag | >= 25x pro Arbeitstag |
Häufiges Händewaschen im Wechsel mit dem Tragen flüssigkeitsdichter Schutzhandschuhe | 5-10x pro Arbeitstag | > 10x pro Arbeitstag |
* Auch unregelmäßig ausgeübte Tätigkeiten, wie Vertretungstätigkeiten, können einen Anlass für eine arbeitsmedizinische Vorsorge sein, z. B. eine Wunschvorsorge.
Häufiges Händewaschen erhöht das Risiko für irritative Kontaktekzeme (Sedeh et al. 2023; Loh und Yew 2022; Hamnerius et al. 2018). Daher sollte Händewaschen auf das Notwendige beschränkt werden. Nach dem Tragen von fHS sollten die Hände nur mit einem Einmalhandtuch abgetrocknet werden und, sofern keine Hygienevorschriften oder sichtbare Verschmutzungen dagegensprechen, nicht jedes Mal gewaschen werden. Die Wahl eines Reinigungsmittels sollte dem Verschmutzungsgrad angepasst sein. Hierbei sollten milde Hautreiniger, selbst bei starker Verschmutzung, bevorzugt werden (Gina et al. 2023). Hautreinigungsmittel sollten möglichst keine Reibemittel oder organische Lösungsmittel enthalten. Reibekörperhaltige Reiniger sollten so selten wie möglich und nur in Ausnahmefällen verwendet werden. Industriereiniger, Verdünner, Waschbenzin, Kaltreiniger oder Ottokraftstoffe sind für die Hautreinigung ungeeignet. Kombinationspräparate aus Hautreinigungs- und Händedesinfektionsmitteln sind nicht empfehlenswert. Hierbei ist die Desinfektionswirkung oft unzureichend und durch eine gesteigerte Händewaschfrequenz kann die Haut stärker belastet werden. Daher ist der Einsatz von mindestens zwei separaten Spendern am Waschbecken sinnvoll. So kann je nach Bedarf zwischen Reinigung und Desinfektion gewählt werden.
Alkoholische Händedesinfektionsmittel, einschließlich Händedesinfektionsgele, werden im Sinne der TRGS 401 den wässrigen Flüssigkeiten zugeordnet. Aufgrund umfangreicher Erfahrung können diese aber als hautverträgliche Produkte empfohlen werden, wenn der Infektionsschutz Priorität hat und keine sichtbare Handverschmutzung vorliegt. Die Händedesinfektion mit alkoholbasierten Händedesinfektionsmitteln ist hautschonender als das Händewaschen. Hautreiniger bringen einige Nachteile mit sich: Sie enthalten waschaktive Substanzen (Tenside). Diese lösen durch ihre emulgierenden Eigenschaften zwar die Verschmutzung, aber auch den, für eine gesunde Haut wichtigen, hauteigenen Fettfilm. Zudem können sie Hautproteine strukturell verändern. In der Praxis sollten generell solche Händedesinfektionsmittel gewählt werden, die möglichst keine potenziell schädlichen Inhaltsstoffe wie Benzalkoniumchlorid (quartäre Ammoniumverbindungen) enthalten. Dies gilt insbesondere bei häufiger Anwendung und wenn fHS getragen werden.
Der Einsatz von Hautschutzmitteln sollte auf Tätigkeiten ohne wesentliche Hautgefährdung durch Gefahrstoffe beschränkt werden. Sie dürfen also nur dann bei Tätigkeiten mit Stoffen mit geringer Reizwirkung eingesetzt werden, wenn keine Handschuhe getragen werden dürfen. Dazu gehören zum Beispiel Tätigkeiten an sich drehenden Maschinenteilen. Bei Feuchtarbeit sind Produkte mit nachgewiesener Wirksamkeit zu bevorzugen. Der Hautschutz sollte idealerweise zu Arbeitsbeginn, nach Pausen und nach dem Händewaschen aufgetragen werden, jedoch möglichst nicht direkt vor dem Tragen von Handschuhen (Gina und Fartasch 2022). Die Anwendung von Hautschutzmitteln unter Schutzhandschuhen ist problematisch (Fartasch und Gina 2021). Hautschutzmittel können die Materialeigenschaften der Handschuhe beeinträchtigen sowie den Okklusionseffekt nicht verhindern (Gina et al. 2023a). Wenn doch eine kombinierte Anwendung notwendig sein sollte, sollte das Mittel vollständig eingezogen sein, bevor die Handschuhe angezogen werden. Hautschutzmittel, die die Händereinigung erleichtern sollen, sollten aufgrund ihres hohen Emulgatoranteils unter Handschuhen nicht benutzt werden. Auch bei längeren Abständen zwischen Mischexpositionen und dem Tragen von fHS besteht möglicherweise eine Hautgefährdung.
Die TRGS 401 verzichtet bewusst auf die Festlegung einer maximalen Tragedauer der fHS, da dies in der Praxis kaum umsetzbar wäre. Stattdessen wird der Wechsel der fHS als Indikator für Mischexpositionen gegenüber wässrigen Flüssigkeiten verwendet. Bei der Beurteilung der individuellen Hautgefährdung durch das Tragen von fHS sind sowohl die Okklusionsdauer als auch die Regenerationszeit der Haut wichtig. Diese Faktoren hängen von genetischen und umweltbedingten Einflüssen sowie Hautschutz- und Pflegemaßnahmen ab und sollten bei der Einschätzung der Hautgefährdung berücksichtigt werden.
Die aktualisierte TRGS 401 bietet umfassende Empfehlungen und Informationen zur Bewertung des Hautkontakts mit Gefahrstoffen sowie eine überarbeitete Definition der Feuchtarbeit. Sie listet die Auslösekriterien für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen auf, die als Orientierungshilfe dienen und die Hautbelastungen bei Feuchtarbeit quantifizieren. Das bloße Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen gilt nicht mehr als Feuchtarbeit. Darüber hinaus werden wichtige Präventionsstrategien thematisiert. Einige Unsicherheiten und häufig gestellte Fragen wurden in einem ASU-Artikel diskutiert, mit denen sich die Unfallversicherungsträger seit der Veröffentlichung der TRGS 401 im Jahr 2022 befasst haben. (Gina et al.2025).
Prof. Dr. Thomas Brüning
Dr. Michal Gina
Dr. Ingolf Hosbach
IPA
Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) (2024): TRGS 401 „Gefährdung durch Hautkontakt Ermittlung – Beurteilung – Maßnahmen“. GMBl 2022, S. 895–926 [Nr. 40] (vom 18.11.2022), zuletzt geändert und ergänzt: GMBl 2024 S 769 [Nr. 36] (vom 19.09.2024). Hg. v. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Online verfügbar unter https://www.baua.de/DE/Angebote/Regelwerk/TRGS/TRGS.html, zuletzt geprüft am 28.03.2025.
Dörr R, Pieper B. Neue Regelungen für den Hautschutz. Die überarbeitete TRGS 401 „Gefährdung durch Hautkontakt – Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen“ zum Schutz vor Hautkontakt mit Gefahrstoffen. BauPortal 2023; 3: 52–55.
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Gina M, Fartasch M. Berufliche Hautmittel – kurz und prägnant. ASU 2022; 57: 47 DOI – 10.17147/asu-1-204760.
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Gina M, Brüning T, Kröger E, Altenburg C, Hosbach I Pieper B, Rode H, Stark U, Steinmann J: Neue TRGS 401 & Co: Praxisnahe Erläuterungen und Anwendungstipps; ASU 2025; 01: 38–44 doi:10.17147/asu-1-411961
Hamnerius, N.; Svedman, C.; Bergendorff, O.; Björk, J.; Bruze, M.; Pontén, A. (2018): Wet work exposure and hand eczema among healthcare workers: a cross-sectional study. Brit J Dermatol 178: 452–461. DOI: 10.1111/bjd.15813.
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