Ina Schwarze ist seit 2006 als Ergotherapeutin im BG Klinikum Duisburg tätig. Seit 2019 gibt sie Kolleginnen und Kollegen auch als ausgebildete Deeskalationstrainerin Schulungen. Im Interview berichtet sie, welche positiven Veränderungen sich durch das Deeskalationstraining im Klinikum ergeben haben und was sie sich von Politik und Gesellschaft in Bezug auf ihre Branche wünschen würde.

>> Wir sind keine Maschinen, sondern auch Menschen. <<

Frau Schwarze, was hat Sie dazu bewogen, Deeskalationstrainerin zu werden?

Ich habe persönlich noch keine Gewaltsituation erlebt, aber ich habe in meinem Arbeitsumfeld Extremsituationen gesehen, die das Thema Gewaltdeeskalation und generell Prävention in den Vordergrund gerückt haben. Patientinnen und Patienten sind durch den fremdbestimmten Alltag in der Klinik oft sehr angespannt. Neben der aktiven Prävention von Gewalt konnten auch Brennpunkte, was strukturelle oder organisatorische Probleme betrifft, identifiziert werden. Zum Beispiel wurden Wartebereiche organisatorisch und räumlich umgestaltet, um so u.a. in der Ersten Hilfe Konfliktsituationen möglichst zu verhindern.

Welche Entwicklungen im Umgang mit Gewalt konnten Sie bisher beobachten?

Früher wurden Vorfälle immer nur einzeln betrachtet, es war daher ein komplettes Konzept mit einem neuen Ansatz nötig. Es wurde die Gefährdungsbeurteilung eingeführt und neue Stellen geschaffen. Als Resultat haben wir jetzt einen anderen Umgang mit Patientinnen und Patienten. Durch Deeskalationstrainings haben die Beschäftigten auch ein anderes Handwerkszeug im Umgang mit Patienten bekommen. Es gibt sehr positives Feedback und die Trainings werden sehr gut angenommen, das freut mich natürlich unheimlich. Eine neue Entwicklung ist auch, dass Pflegekräfte und Therapeut/innen eine Ausbildung als Trauma-Fachberater/innen machen. In unseren Schulungen beraten wir auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu kollegialer Ersthilfe und haben damit schon positive Erfahrungen gemacht. Das sind wichtige Schritte in die richtige Richtung.

Hat sich in der Art und Weise der Behandlung der Patientinnen und Patienten etwas geändert?

Ja, während der Weiterentwicklung der Präventionsprogramme ist auch eine andere Sicht auf die Patienten entstanden. Egal aus welchem Grund sie bei uns in Behandlung sind, die psychische Verfassung von Patienten gewinnt immer mehr an Bedeutung. Es ist eine Art Prozess in Gang gekommen, der eine aus meiner Sicht mehr ganzheitliche Behandlung anstrebt. Das ist ein Gewinn für alle Patienten finde ich.

Was würden Sie sich in Bezug auf die Pflegebranche für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wünschen?

Der Beruf sollte von der Politik mehr Wertschätzung erhalten. Hier gibt es noch viel Potenzial für Verbesserungen. Aber generell wäre auch mehr Wertschätzung der Berufe durch die Gesellschaft schön – eigentlich ist es egal, um welche Tätigkeit es sich handelt, denn alle Berufe sind wichtig. Es sollte nicht nur die Leistung gesehen werden, sondern auch das, was der Job mit einem macht. Wir sind keine Maschinen, dafür sollte ein Bewusstsein geschaffen werden. Der Mensch sollte Mensch sein dürfen. Ein guter Teamgeist ist in einem Klinikum sehr wichtig und die Arbeit aller – von der Reinigungskraft bis zur Leitung – wertzuschätzen. Das gelungene Ergebnis einer komplizierten Operation ist z.B. nur mit einer guten Nachsorge gesichert. Nur als gutes Gesamtteam können wir eine hochwertige Leistung bringen.

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