Die Gesundheit der Versicherten nach Arbeitsunfällen wiederherzustellen, ist Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung. Das schließt auch psychische Störungen nach einem Trauma ein. Um eine schnelle Versorgung auf hohem Niveau sicherzustellen, wurde vor 10 Jahren das Psychotherapeutenverfahren ins Leben gerufen. Es setzt Maßstäbe im deutschen Gesundheitswesen.
Ein Arbeits- oder Wegeunfall kann für Beschäftige auch traumatisch sein und psychische Folgen haben – beispielsweise ein Maschinenunfall mit gravierenden körperlichen Verletzungen oder ein schwerer Verkehrsunfall. Aber auch ohne körperlichen Schaden können psychische Störungen ausgelöst werden, wenn Beschäftigte zum Beispiel Unfallzeugen werden, Erste-Hilfe leisten oder Gewalt und Aggression am Arbeitsplatz ausgesetzt sind. Entwickelt sich aus solchen Extrembelastungen eine psychische Störung, ist schnelle Hilfe gefragt. Denn sie verhindert, dass die Leiden chronisch werden, und sichert so die berufliche und soziale Teilhabe der Betroffenen.
Das Psychotherapeutenverfahren der gesetzlichen Unfallversicherung regelt die Versorgung und zielt auf ein einheitliches und transparentes Vorgehen sowie eine gute Zusammenarbeit aller Beteiligten ab. Die Unfallversicherungsträger greifen dabei auf ein Netzwerk aus rund 800 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit besonderen Kenntnissen in der Traumabewältigung zurück.
"Das Psychotherapeutenverfahren ist im ambulanten Versorgungssystem und in unserem Reha-Management fest etabliert und ein nachhaltiger Erfolg", berichtet Dr. Edlyn Höller, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der DGUV. "Es ermöglicht uns, unseren Versicherten schnell und unbürokratisch innerhalb nur einer Woche zu helfen. Diese frühzeitig und intensiv ansetzende Behandlung zahlt sich aus. Die meisten Therapien führen schnell zum Erfolg", führt Höller aus. So reichen bei über 45 Prozent aller Betroffenen nur fünf sogenannte probatorische Sitzungen, knapp 30 Prozent brauchen weniger als 10 weitere Behandlungsstunden. Von den verbleibenden 25 Prozent sind nur rund 11 Prozent Langzeitfälle mit mehr als 30 Behandlungseinheiten. Im Jahr 2019 wurden mehr als 10.000 Versicherte abschließend behandelt, im folgenden Pandemie-Jahr rund 8.800.
In der Praxis werden Geschehnisse nicht immer gemeldet, etwa wenn keine Arbeitsunfähigkeit besteht und kein körperlicher Schaden ersichtlich ist. Dabei kann auch für Zeuginnen oder Zeugen sowie Ersthelfende ein Arbeitsunfall traumatisch sein. Ebenso wird verbale Gewalt am Arbeitsplatz durch Bedrohungen oder Beleidigungen häufig noch bagatellisiert. "Wir gehen von einer hohen Dunkelziffer fehlender Meldungen aus und hoffen, dass Aufklärungskampagnen und die öffentliche Diskussion über psychische Belastung und deren Folgen zu einer stärkeren Sensibilisierung führen", erklärt Höller.
Mit dem Angebot, kurzfristig eine Psychotherapie beginnen zu können, hat die gesetzliche Unfallversicherung ein Alleinstellungsmerkmal im deutschen Gesundheitswesen. Das möchte sie trotz des allgemeinhin steigenden Bedarfes an Therapieplätzen bewahren, indem sie ihr Netzwerk stärkt und ausbaut. In der Pandemie erprobte Instrumente, wie die Videotherapie, sollen fest etabliert werden und helfen, auch die Versorgung im ländlichen Raum abzudecken. Die vergangenen zehn Jahre zeigen: Die Investition in eine frühe, intensive Therapie ist maßgeblich dafür, dass betroffene Menschen schnell wieder im vollen Umfang am beruflichen und sozialen Leben teilhaben können.
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