Entwicklung zusätzlicher Trainingselemente zur Prävention von Stolper-, Rutsch- und Sturzunfällen, unterstützt durch den Einsatz von virtueller Realität am Beispiel von Unternehmen der Stahlerzeugung und der Post- und Paketzustellung (ENTRAPon)

Projekt-Nr. FF-FP 0470

Status:

abgeschlossen 11/2024

Zielsetzung:

Stürze von Beschäftigten durch Stolpern, (Aus-)Rutschen und Fehltritte (SRF) sind ein Unfallschwerpunkt sowohl im beruflichen als auch im privaten Umfeld. Das Ziel des Forschungsvorhabens war die Erweiterung eines bestehenden proaktiven VR-basierten Trainingselementes (BGHW Lagerhallensimulator) um eine virtuelle Stadtumgebung. Zudem wurde ein biomechanisches (reaktives) Perturbationstraining als mechanische und VR-basierte Variante entwickelt. Die Entwicklung und Evaluation der Trainingselemente zu drei Messzeitpunkten erfolgte mit Unterstützung von Unternehmen der Stahlerzeugung (HKM) und der Post- und Paketzustellung (Deutsche Post/DHL).

Aktivitäten/Methoden:

110 Beschäftigte wurden randomisiert in eine von zwei Interventionsgruppen – mechanisches Training (MECH) versus VR-basiertes Training, n = 40 pro Gruppe – oder eine Kontrollgruppe (n = 30) eingeteilt. Alle Gruppen nahmen an der VR-basierten Schulungssimulation (Lager oder Stadt) teil. Alle drei Gruppen wurden vor (Pre) und nach dem Training (Post) sowie sechs Monate später (Ret) beim Gehen auf einem Laufsteg in zwei Ganggeschwindigkeiten (ihrer bevorzugten und einer schnelleren) einem unvorhersehbaren, ebenerdigen Stolpern, Rutschen und Fehltreten in randomisierter Reihenfolge ausgesetzt. Durch die kinematischen Daten eines am Körper getragenen inertialsensorbasierten Messanzuges (Xsens Link Motion Tracker, MovellaTM) wurden die Toleranz der Stabilität sowie die dynamischen Stabilitätskomponenten mittels eines Ganzkörpersegmentmodells (23 Segmente) erfasst. Zudem wurden diverse personen- und umfeldbezogene Daten erhoben.

Ergebnisse:

Sowohl die VR- als auch die MECH-Gruppe zeigten für beide Ganggeschwindigkeiten eine signifikante Zunahme in der Toleranz der Stabilität in den Schritten nach der Perturbation (Post Pert) nur in der Transferbewegung Stolpern auf. Beide Interventionsgruppen zeigten innerhalb des ersten Schrittes nach dem Stolpern "Post-Intervention" im Vergleich zu "Pre-Intervention" eine Vergrößerung in der Unterstützungsfläche (BoS) für die schnelle Ganggeschwindigkeit sowie in beiden Ganggeschwindigkeiten jeweils eine Verringerung der Geschwindigkeit des Körperschwerpunktes (CoM, MECH-Gruppe) oder Reduktion des Oberkörperflexionswinkels (VR-Gruppe). Die subjektiven Sturzmonitorings zeigen ergänzend nach dem Training eine Verringerung der SRF-Ereignisse. Das Arbeitsumfeld wies positive Faktoren für den Transfer des Gelernten in die Praxis auf. Die Kontrollgruppe wies keine signifikante Zunahme in der Toleranz der Stabilität zwischen Pre und Post für alle drei Gangperturbationen unabhängig von der Ganggeschwindigkeit auf. Bezüglich der Analyse der Beibehaltung der Adaptationen in der Transferbewegung Stolpern sechs Monate später (Ret) zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in den Komponenten der dynamischen Stabilität im Vergleich zu vor dem Training.

Die Ergebnisse der Studie zeigen auf, dass ein VR- oder mechanisch basiertes Perturbationstraining die Gangstabilität verbessert und die erlernten Stabilitätskontrollmechanismen auf simulierte ebenerdige Stolperereignisse transferiert werden können. Die Trainings werden insgesamt von den Mitarbeitenden als wertvoll und nützlich angesehen. Die beiden Perturbationstrainings wurden von den Teilnehmenden nach dem Training und auch sechs Monate später positiv bewertet. Es gab nur in wenigen Fällen Symptome von Cyber-Sickness beim VR-basierten Perturbationstraining.

Ausblick: Um eine signifikante Reduktion von Stolperunfällen in der Arbeitswelt durch physische Interventionen effektiv zu erreichen, wird empfohlen, die Trainingsdosis individualisiert anzupassen und mittels datengetriebener Technologien das Sturzrisiko im Beruf und Alltag zu bewerten. Gemeinsam mit der VR-SRF-Schulungssimulation zeigt das Trainingspaket großes Potenzial, durch die kombinierte Anwendung von proaktiven und reaktiven Elementen die Wahrscheinlichkeit zu verringern, eine SRF-Situation bzw. einen Sturz durch Stolpern zu erleben.

Stand:

10.03.2025

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Ruhr-Universität Bochum
  • London South Bank University
  • Hochschule Koblenz
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

-Verschiedenes-

Schlagworte:

Arbeitsunfall, Schutzmaßnahme, Sturz- und Absturzgefährung

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Stolperunfälle, Rutschunfälle, Sturz, virtuelle Realität, VR